Scheller, Carl - Kassel
   
1788 Bernhard Friedrich Theodor Scheller wird am 27. Juni 1788 in Mannheim geboren als Sohn des Heinrich Bernhard Carl Scheller (* ca. 1752; † 28. November 1827) und dessen Ehefrau Louisa Sophia, geb. Bender.
   
1812 Er ist jetzt Zinngießermeister.
   
  Meistermarke des Bernhard Friedrich Theodor Scheller                    Stadtmarke Kassel
   
 

Er heiratet am 23. August 1812 die Marthe Catharine Pflüger (* 9. Januar 1781 in Kassel; † 1. Mai 1847 in Kassel), Tochter des Johann Heinrich Pflüger (* 17. Juni 1750; † 17. April 1803) und dessen Ehefrau Nanna Barbara, geb. Grenzebach (* April 1750, † 23. September 1784).

Das Ehepaar hat mindestens die Kinder Heinrich Bernhard Carl Scheller (* 8. Mai 1812), eine Tochter (* 1815; † nicht bekannt) und Wilhelm Philipp Carl Scheller (* 7. Mai 1818).

   
1814 Am 31. März 1814 wird er in die Bürgerrolle von Kassel "gegen Zahlung" eingetragen.
   
1828 Er ist nun Eigentümer des Anwesens Martinistraße 61.
   
1829/1830

Auf einer der Gewerbeausstellung in Kassel im Jahre 1829 oder 1830 erhält Bernhard Friedrich Theodor Scheller eine silberne Denkmünze (Text: WILHELM II. KURF. SOUV. LANDGR. V. HESSEN [Rest nicht lesbar]), die später auf einem Etikett abgebildet ist.

   
1831/1847

Auf einer der Gewerbeausstellungen in Kassel zwischen 1831 und 1847 erhält er eine weitere silberne Denkmünze (Text: WILH. II. KURF. U. FRIEDR. WILH. KURFR. U. MITREGENT) die später auch auf einem Etikett abgebildet ist.

   
1834

Heinrich Bernhard Carl Scheller, Zinngießermeister,  wird am 10. Oktober 1834 in die Bürgerrolle von Kassel eingetragen.

   
1840 Bernhard Friedrich Theodor Scheller hat sein Haus Martinistraße 61 verkauft und die Liegenschaft Martinistraße 84 erworben. Er läßt die Firma B. F. Th. Scheller und Sohn eintragen.
   
1842 Die Firma ist nicht nur eine Zinngießerei, sie betreibt auch eine "Spiel- und lakirte Waaren-Handlung".
  Heinrich Bernhard Carl Scheller heiratet am 28. März 1842 die Auguste Anna Elisabeth Adler (* 25. Februar 1817; † 26. November 1844).
Das Ehepaar hat den Sohn Wilhelm Carl Philipp Scheller (17. August 1843). Taufpate ist Wilhelm Philipp Carl Scheller).
   
 

Jacob C. C. Hoffmeister schreibt: Heinrich Bernhard "Carl Scheller fertigt eine grosse Zinnmedaille zur Erinnerung an die Enthüllung der von dem Bildhauer Werner Henschel gearbeiteten Broncestatue des heiligen Bonifacius zu Fulda (am 17. August 1842), und zwar sowohl die Formen dazu unter Henschel's Leitung gearbeitet, gleichwie auch später die Abgüsse geliefert und verkauft.

Auf dieser in Zinn und Blei vorhandenen Medaille befindet sich die Angabe C. SCHELLER CASSEL.

Vorderseite: Inschrift WINFRIED BONIFACIUS. | APOSTEL DER DEUTSCHEN. | GEB. IN ENGLAND 680. | PREDIGT DAS EVANGELIUM | IN DEUTSCHLAND 719. | ERBAUET DIE ERSTE KIRCHE | IN HESSEN 732. | STIFTET DAS KLOSTER FULDA 744. | WIRD ERZBISCHOF V. MAINZ 745. | ERMORDET ZU DOCKENBURG 755. | ÜBERTRAGEN VON MAINZ | NACH FULDA 755, | WO | DIE DOMKIRCHE | DESSEN ASCHE BEWAHRT

Unten im Bogen: C. SCHELLER CASSEL

Umschrift: ZUR ERINNERUNG AN DIE ENTHÜLLUNG DES DENKMALS SCT: BONIFACIUS AM 17 AUG: 1842

Ringsum ein hoher Rand.

Rückseite: Die Bildsäule des heiligen Bonifacius mit emporgehobenem Kreuz in der Rechten und mit der Bibel in der Linken. Am Fussgestelle ST BONIFACIUS Unten in Bogen zu den Seiten der Statue W. HENSCHEL -- FEC: 1839.

Umschrift: VERBUM DOMINI MANET IN AETERNUM

Größe: 46     -----     Zinnguss.

Auch gibt es einige schlechtere Abgüsse davon in Blei.

Die auf dieser Medaille dargestellte Bildsäule ist von dem am 15. August 1850 zu Rom verstorbenen Professor und kuf. hess. Hofbildhauer Johann Werner Henschel aus Cassel erfunden und modelirt und sodann in der bekannten Henschelschen Maschinenfabrik zu Cassel aus Glockenmetall gegossen. Die Form dieses Medaillen-Reverses wurde von dem jungen Zinngießer Carl Scheller zu Cassel unter Henschel's Leitung gearbeitet und ist die Bildsäule daher dem Original ziemlich getreu.

Die Vermischung der deutschen und lateinischen Inschriften auf dieser Medaille ist störend."

   
1843

Nach dem Tod seiner ersten Ehefrau heiratet Heinrich Bernhard Carl Scheller die Catharine Adler (* 15. Oktober 1814; † 17. November 1846 bei der Geburt der Tochter).

Die Tochter Anna Christine Elisabeth Scheller (* 17. November 1846) heiratet am 13. April 1895 den Rentier Conrad Mosebach (*31. August 1831 in Kirchhain, Reg. Bez. Kassel), Sohn des Heinrich Mosebach und dessen Ehefrau Margarethe, geb. Klingelhöfer.

   
1844

Im Adressbuch ist verzeichnet: "Scheller, Bernhard Friedrich Theodor, Zinngießermeister, und  Scheller, Karl (jetzt mit "K" geschrieben), Zinngießermeister und Fabrikant. Firma Scheller und Sohn, "Metall-, Lackir- und Spielwaaren-Fabrik, und Nürnberger Spiel- und Galanterie-Waaren-Handlung" Martinistraße 84.

Auch Wilhelm Philipp Carl Scheller, Kaufmann und Fabrikant, ist in die Firma integriert.

 

Auf der Gewerbeausstellung in Berlin stellt die Firma "folgende Lackirwaaren aus: einen fein lackirten Blumenkorb zum Preise von 11 1/3 Rthlrn.[Reichstaler]; fünf dergl. Etagéren von verschiedener Größe mit 6  bis 24 Töpfchen, das Dutzend zu 2 1/2 bis 8 Rthlr.; drei Pyramiden mit 5, 7 und 13 Töpfchen bezüglich 2 1/4, 3 und 5 1/2 Rthl. und vier Muster von Blumentöpfen verschiedener Qualität von 10 Sgr. [Silbergroschen] bis 1 1/2 Rthlr. das Dutzend.

Diese Gegenstände verdienen sowohl der guten Ausführung als der billigen Preise wegen lobende Anerkennung.

Aussteller beschäftigt in seiner Fabrik über 40 Arbeiter, von welchen etwa die Hälfte, meist Knaben und junge Mädchen, sich mit der Anfertigung von Blumentöpfen und Gestellen beschäftigen.   

Obgleich die Fabrikation dieser Artikel erst seit einigen Jahren eingeführt ist, findet er doch schon einen bedeutenden Absatz in allen größeren Städten des Zollvereins und des übrigen Deutschlands."

 

"... hatten sechs verschiedene Sortimente fein gemalter Zinnfiguren in Schachteln zu Ausstellung geliefert. Die sehr hübsche Waare, deren Preise von 12 1/2 bis 25 Sgr. das Pfund notirt waren, bestand nicht aus reinem Zinn, sondern aus einer Komposition, welche von der Fabrik zu 6 Sgr. per Pfund zurückgekauft wird.

Die schon früher erwähnte Fabrik, welche bloß mit der Anfertigung solcher Spielsachen 22 Arbeiter beschäftigt, hat in den meisten größern Städten Deutschlands feste Abnehmer, und versendet ihre Waaren häufig nach Frankreich und Amerika."

   
1845 Wilhelm Philipp Carl Scheller heiratet am 10. Juni 1845 die Marie Caroline Lotz (* 15. November 1819; † 8. März 1903 in Schmalkalden).
Das Ehepaar hat mindestens die Tochter Friederike Christiane Elisabeth Scheller (* 6. Mai 1851; † 15. April 1930 in Schmalkalden; heiratet am 5. September 1869 in Schmalkalden den Heinrich Friedrich Fuckel (* 19. Oktober 1840 in Schmalkalden; † 10. Dezember 1913 in Schmalkalden) und den Sohn Friedrich Carl Wilhelm Scheller (* 23. Juli 1848 in Kassel).

Die Firma Scheller et Sohn firmiert nun als "Metall-, Lackir-, Spielwaaren und Kunstblumen-Fabrik, Porzelain-, Lakirte-, Bijouterie- und Nürnberger Spiel- und Galanteriewaaren-Handlung".
   
1847 Heinrich Bernhard Carl Scheller heiratet nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau die Anna Elisabeth Christiane (Christel) Adler (* 16. Februar 1822; † 27. Juli 1874 in Ziegenheain).
Das Ehepaar hat die Kinder Albertine Hermine Scheller (* 21. November 1849; † 19. Februar 1920 ledig als Schauspielerin), Louise Friederike Auguste Scheller (* 7. April 1851; † 7. Juni 1924 ledig als Rentnerin), Caroline Elisabeth Auguste Scheller (* 8. Juli 1852), Johann Hermann Carl Scheller (* 13. Februar 1854), Maria Caroline Scheller (* 10. März 1856), Albert Wilhelm Scheller (* 25. Juni 1857; † 23. Juli 1857), Bernhard Friedrich Theodor Conrad Scheller (* 14. August 1858), Johanne Friederike Elisabeth Scheller (* 5. Novembert 1860; † 17. August 1931 ledig als Lehrerin i. R.) und Johann Adolph Heinrich Scheller (* 7. Februar 1862; † 7. November 1877).
  Karl Scheller wohnt in der Elisabetherstraße 181.
   
1848 In der Martinistraße 84, deren Eigentümer nach wie vor der Zinngießermeister Bernhard Friedrich Theodor Scheller ist, sind nunmehr zwei Firmen, einmal Scheller et Sohn des Hauseigentümers und dessen Sohn, dem Kaufmann und Fabrikanten Wilhelm Scheller ("Metall-, Lackir-, Spielwaaren- und Kunstblumen-Fabrik, Porzellain-, Lakirte-, Bijouterie- und Nürnberger Spiel- und Galanteriewaaren-Handlung"), zum anderen Karl Scheller, Zinngießermeister und Fabrikant, ("Zinn-, Komposition- und Spielwaaren-Fabrik").
Karl Scheller hat das Anwesen Königsthor 16 gekauft und hat dort seine Privatwohnung.
   
1849 Der Vorname des Inhabers der "Zinn-, Komposition- und Spielwaaren-Fabrik" wird im Adressbuch jetzt wieder mit "C" - Carl Scheller geschrieben.
   
1850 In der Martinistraße 84 ist auch eine Firma Scheller et Weber verzeichnet.
   
1851 Im Adressbuch ist eingetragen der Zinngießermeister Bernhard Friedrich Theodor Scheller, der Zinngießermeister und Spielwarenfabrikant Carl Scheller, beide in der Martinistraße 84; Carl Scheller privat Königsthor 16 sowie der Kaufmann und Fabrikant Wilhelm Philipp Carl Scheller in der Johannisstraße 640.
   
1852 Eigentümer der Liegenschaft Martinistraße 84 ist jetzt der Spielwaaren- und Zinkguß-Fabrikant Carl Scheller.
Der Fabrikant Wilhelm Philipp Carl Scheller ist Mitinhaber der Spielwarenfabrik Scheller, Weber u. Wittich. Das Comptoir der Firma ist in der Weserstraße 511, er selbst wohnt nach wie vor in der Johannisstraße 640.
Der weitere Werdegang der Firma Scheller, Weber u. Wittich wird hier nicht weiter vertieft.
   
1854

Auf der allgemeinen Deutschen Industrie-Ausstellung in München stellt die Firma "Spielwaaren in Zinn- und Compositionsguß, blank und lackiert" aus.

 

Carl Scheller läßt in den beiden Kasseler Zuchthäusern in der Stadtkaserne und an der Fulda und im Zwangsarbeitshaus in Ziegenhain Bleifiguren herstellen und bemalen.

   
1855

Dieselbe Medaille wie 1842 hat Heinrich Bernhard Carl Scheller bei dem elfhundertjährigen Bonifaciusfest zu Fulda zu einer Variation über dasselbe Thema benutzt.

Jacob C. C. Hoffmeister schreibt:

Vorderseite: Innerhalb eines vollen wulstartigen Lorbeerkranzes mit gekreuzten Binden unten und oben die Inschrift WINFRIED BONIFACIUS. | APOSTEL DER DEUTSCHEN. | GEB. IN ENGLAND 680. | PREDIGT DAS EVANGELIUM | IN DEUTSCHLAND 719. | ERBAUET DIE ERSTE KIRCHE | IN HESSEN 732. | STIFTET DAS KLOSTER FULDA 744. | WIRD ERZBISCHOF V. MAINZ 745. | ERMORDET ZU DOCKENBURG 755. | ÜBERTRAGEN VON MAINZ | NACH FULDA 755, | WO | DIE DOMKIRCHE | DESSEN ASCHE BEWAHRT

Darunter in gerader Linie, jedoch mit kleinerer Schrift C. SCHELLER CASSEL.

Rückseite: Die Bildsäule des heiligen Bonifacius mit emporgehobenem Kreuz in der Rechten und mit der Bibel in der Linken. Am Fussgestelle ST BONIFACIUS Unten in Bogen zu den Seiten der Statue W. HENSCHEL -- FEC: 1839.

Äussere Umschrift: VERBUM DOMINI MANET IN AETERNUM

Innere Umschrift: FULDA POST SAECULA XI JUBILAT D. V. JUNII 1855.

Grösse 46  ----- Gegossene Zinnmedaille.

Diese Medaille, welche sich ohnehin nicht sehr durch ihre Arbeit empfiehlt, ist nur eine Umänderung der von Carl Scheller im Jahre 1842 bei der Enthüllung der Bonifaciusstatue zu Fulda ausgegebenen; unter den Münzen der Mitregentschaft vom Jahre 1842 beschriebenen Medaille, von welcher sie sich nur in einigen unerlässlichen Veränderungen hinsichtlich jener und dieser Veranlassung unterscheidet.

Das Ungeeignete der deutschen Inschrift auf dem Avers und der lateinischen auf dem Revers ist zu rügen.

Während der Festlichkeiten zu Fulda wurde dieser Guss auch in vergoldeten und versilberten Exemplaren verkauft.

Der wulstige Lorbeerkranz, welcher auf dem vorliegenden Gepräge des curriculum vitae anstatt der Umschrift umgibt, kann nur als eine Nothhülfe des Formschneiders betrachtet werden, indem er die auf die frühere Bestimmung der Münze gerichtete Umschrift verhüllen mußte und desshalb ein tieferes Eingraben der Form erforderte, ist aber dadurch der alleinige Schmuck dieses Averses geworden und für das Auge viel wohltuender, als die Umschrift um eine Inschrift, welche man immer soviel als möglich vermeiden sollte.

Vorzugsweise tadelnswerth aber ist die Verbindung der arabischen Zahl 1855 mit der lateinischen Umschrift Fulda post saecula XI junilat D. V. junii wobei die römische Jahreszahl MDCCCLV ganz unerlässlich war.

Die kleine Beischrift W. HENSCHEL FEC 1839; bezieht sich natürlich nur auf das von Werner Henschel in jenem Jahre angefertigte Model der für Fulda bestimmten und dort 1842 errichteten Statue und hätte hier von dem Gepräge wegbleiben sollen, da hier die Statue nur höchst nebensächlich ist."

 

Eine weitere Inschriftenmedaille wird von Heinrich Bernhard Carl Scheller gefertigt und sowohl vergoldet und versilbert während der Festtage in Fulda verkauft.

Jacob C. C. Hoffmeister schreibt:

"Vorderseite: Inschrift WINFRIED BONIFACIUS. | APOSTEL DER DEUTSCHEN. | GEB. IN ENGLAND 680. | STIFTET DAS KLOSTER FULDA 744. | WIRD ERZBISCHOF V. MAINZ 745. | ERMORDET ZU DOCKUM 755. | ÜBERTRAGEN NACH FULDA 755 | WO DIE DOMKIRCHE SEINE | ASCHE BEWAHRT. Darunter ein Strich.

Rückseite: FULDA | POST SAECULA | XI IUBILAT | D. V. IUNII | 1855. Unten ein Zweig mit einem sechsblätterigen Röschen in der Mitte. Umschrift: VERBUM DOMINI MANET IN AETERNUM

Größe 26."

   
  Carl Scheller firmiert nun als Metall- und Spielwaren-Fabrikant.
   
1858 Seine Berufsbezeichnung ist jetzt Spiel- und Metallguß-Waren-Fabrikant.
   
1861 Bernhard Friedrich Theodor Scheller stirbt am 5. Juli 1861.
   
1867 Die Martinistraße 84 wird in Oberste Gasse 38 umbenannt und umnummeriert..
   
1868

Von 1868 bis 1879 gießen regelmäßig 30 Gefangene im Zwangsarbeitshaus in Ziegenhain für die Firma Carl Scheller Bleifiguren.

Der Guß- und Spielwarenfabrikant Carl Scheller, der auch Muster und Modelle zu Bau- und Möbel-Verzierungen, desgleichen für Schlosser- und Blecharbeiten herstellt, hat das Haus Königsthor 16 verkauft und ist jetzt Eigentümer des Anwesens Königsthor 28.

   
1870

Auf der Allgemeinen Industrie-Ausstellung für das Gesamtgebiet des Hauswesens in der Kasseler Karlsaue erhält die Firma eine Medaille für verdienstvolle Leistungen.

   
1871 Wilhelm Philipp Carl Scheller stirbt am 14. Juli 1871 in Schmalkalden.
Carl Scheller bietet die Muster und Modelle zu Bau- und Möbel-Verzierungen, desgleichen für Schlosser- und Blecharbeiten nicht mehr an.
   
1873

Auf der Wiener Weltausstellung stellt die Firma "plastisch ausgeführte historische Militär- und Landschaftsscenen aus Zinn etc." aus.

Im amtlichen Katalog des Deutschen Reiches ist vermerkt: "Gegründet 1847 [sic!]. Zinn- und Zinkgiesserei. Fabrication von Spielwaaren aus Zinn und Composition. Zweiggeschäfte in den Strafanstalten zu Ziegenhain in Hessen und in Engisheim bei Mühlhausen im Elsass.

Geschäftsumsatz 1871 15.000 thlr. [Taler] Absatzgebiet Deutschland und Frankreich. 90 Arb. [Arbeiter], zur Hälfte weibliche."

   
1874 Wilhelm Carl Philipp Scheller ist verheiratet mit Emma Emilie Katharina Eckhard (* 23. Oktober 1846 in Ziegenhain als Zwilling; † 19. November 1919 in Ziegenhain), Tochter des Baukondukteurs Johannes Eckard und dessen Ehefrau Margaretha Rebecka Euker.
Das Ehepaar hat die Kinder Clara Albertine Scheller (* 28. August 1874 in Ziegenhain; † 12. September1907 in Kassel) und Johannes Wilhelm Carl Scheller (3. Februar 1878 in Ziegenhain).
   
1875 Carl Scheller hat das Anwesen Oberste Gasse 38 verkauft, damit die Verkaufsstelle aufgelöst und seine Fabrikation in sein Haus Königsthor 28 verlegt.
   
1877 Heinrich Bernhard Carl Scheller stirbt am 19. November 1877.
Der Zinngießermeister, Guß- und Spielwarenfabrikant Wilhelm Carl Philipp Scheller übernimmt die Firma.
Hauseigentümer ist er und die Geschwister als Erben.
Albrecht Christian Alexander Wilhelm Städtler arbeitet bis 1881 als Graveur für ihn.
   
1878

Im Zwangsarbeitshaus in Ziegenhain sind u. a. 58 "Bleimalereiarbeiter" für die Firma Carl Scheller beschäftigt.

   
1880 Friedrich Carl Wilhelm Scheller heiratet am 19. Mai 1880 die Sophie Friederike Wilhelmine Auguste Schütte (* 24. April 1846 in Kassel); Tochter des Julius Emil Valentin Schütte und dessen Ehefrau Wilhelmine Sophie Margarethe Caroline, geb. Gutberlet.
   
  Die Fräulein Christiane Scheller, Louise Scheller, Auguste Scheller, Caroline Scheller und Elisabeth (Else) Scheller (Lehrerin) wohnen auch im Haus Königsthor 28.
   
1886 Wilhelm Carl Philipp Scheller, Zinn- und Zinkgießerei, Spielwarenfabrik, läßt seinen Betrieb als Firma Carl Scheller eintragen.
Die Geschwister wohnen immer noch in seinem Haus.
   
1889 Das Anwesen Königsthor 28 wird in Königsthor 40 umnummeriert. Eigentümer sind Scheller's Erben.
   
1890 Bernhard Friedrich Theodor Conrad Scheller heiratet am 8. Februar 1890 die Julia (Julie) Marie Gruber (* 25. März 1861), Tochter des Johann Heinrich Gruber und dessen Ehefrau Pauline, geb. Bühner.
Das Ehepaar hat die Kinder Wilhelm (Will) Carl Adolf Scheller(* 28. Oktober 1890; † 23. Juni 1937) und Heinrich Bernhard Scheller (* 18. Mai 1894; † 25. April 1969 in Sulzbach).
   
1893 Ludwig Frank graviert für die Firma.
   
1895 Der Graveur Andreas Ferner aus Nürnberg arbeitet für die Firma Carl Scheller, die nun als Spielwarenfabrik firmiert, als Werkmeister.
   
1897 Die Firma Carl Scheller ist jetzt als Zinn- und Bleispielwaren-Fabrik im Adressbuch eingetragen.
Auf der Weltausstellung in Brüssel bekommt die Firma einen Ersten Preis für die ausgestellten Zinngeräte und Zinnfiguren.
   
1900 Jetzt ist der Eintrag nur noch "Zinnspielwaren-Fabrik".
   
1903 Bernhard Friedrich Theodor Conrad Scheller ist verstorben, seine Witwe Julie Scheller wohnt wieder in ihrem Elternhaus am Pferdemarkt 7.
   
1905 Die Firma ist am 5. Dezember 1905 Mitbegründer des Verbandes Deutscher Zinnfiguren-Fabrikanten.
   
1907 Wilhelm Carl Philipp Scheller stirbt am 22. Mai 1907.
Die Firma Carl Scheller ist im Adressbuch wieder als Zinn- und Bleispielwaren-Fabrik eingetragen.
   
1908 Johannes Wilhelm Karl Scheller heiratet am 13. Juni 1908 in Ziegenhain die Else Marie Louise Ruland (* 9. März 1883 in Köln; † 1973 in Essen), Tochter des Eisenbahn- und Feldmessers Martin Ruland und dessen Ehefrau Hedwig, geb. Glauper.
Das Ehepaar hat die Kinder Klara Hedwig Christel Hiltrud Scheller (* 16. Februar 1911 in Ziegenhain) und Paul Wilhelm Karl Scheller (* 15. November 1913 in Ziegenhain).
   
1909 Johann Hermann Carl Scheller stirbt.
   
 

Inhaber ist jetzt Johannes Wilhelm Carl Scheller und Auguste Scheller (Tochter des Heinrich Bernhard Carl Scheller).

   
1921/22 Die Firma Carl Scheller ist das letzte Mal im Adressbuch 1921/22 verzeichnet.
   
1926 Caroline Elisabeth Auguste Scheller stirbt am 30. Mai 1926 ledig als Rentnerin.
   
1949 Johannes Wilhelm Carl Scheller stirbt am 10. Januar 1949 in Kassel.
   
  Zinnfiguren und Zinnspielzeug:
          Fußbrettchen (Weg)
   
     Packungs- und Figurenbeispiele
   
  Schirmer schreibt erstmalig in der Zinnfigur 1961 u. a.:
"Die Zeichnungen und Gravuren wurden in Kassel angefertigt, das Gießen und Bemalen erfolgte meist durch Sträflinge im Zuchthaus in Ziegenhain in der Schwalm. Heute noch geistert die Erzählung im Volke, daß die Sträflinge bei der Revolution 1918 befreit wurden und alle in ihrer Reichweite befindlichen Schierferformen in den Festungsgraben des Schlosses Ziegenhain geworfen hätten. Dort sollen sie heute noch liegen, obwohl der Graben seitdem größtenteils zugeschüttet wurde, da er versumpft und Brutstätte zahlreicher Insekten war. Einige der im Ziegenhainer Festungsgraben liegenden Formen sind übrigens wieder ausgegraben und ergänzt." 
   
  Über den Verbleib der Formen schreibt Ortmann u. a.:
"Das Gießen und Bemalen der Figuren dieses Betriebes mußten Sträflinge im Zuchthaus Ziegenhain in der Schwalm übernehmen. Im Zuge der Revolution von 1918 befreite Häftlinge sollen dann Schieferformen in den Festungsgraben geschleudert haben. Tatsächlich wurden später im Schloßgraben von Ziegenhain solche Formen gefunden."

Roer schreibt in Bleisoldaten u. a.:
"Während der Revolution 1918 - und das markiert gleichzeitig das Ende der Schellerschen Produktion - sollen, ..., die Häftlinge sämtliche Formen in den Festungsgraben des Schlosses Ziegenhain geworfen haben, der dann zugeschüttet wurde. Nur einige der dort verlorengegangenen Schieferformen wurden wieder ausgegraben."

In Alte deutsche Spielfiguren in Blei schreibt er u. a.:
"... der dortigen Strafanstalt. Von einem Schutthaufen aus dem Strafanstaltsbereich wurden vor Jahren noch etwa 30 Formhälften aufgelesen (die meisten dieser Formhälften befinden sich 1990 im Besitz von Dr. Hagemüller, Treysa). Das Gerücht, daß bei der Generalamnestie am Ende des verlorenen Kireges 1918 die freigewordenen Häftlinge in Ziegenhain die Schellerschen Schieferformen gröhlend in den Wassergraben ihrer Zwingburg warfen, ist zwar glaubhaft, kann aber nicht bestätigt werden. Das Bild behält aber etwas Anschauliches: hier hatten der große Kaiser und die kleinen Soldaten die Macht verloren, und Scheller seine Kundschaft wie auch die Produktionsstzätte. Nach 1918 ist keine Herstellung von Scheller mehr überliefert."

Peter schreibt u. a.:
"Nichts mitgeteilt wird über den schließlichen Verbleib der Gießformen, die nach anderen Quellen (Ortmann, Roer, Schirmer1961) im Verlaufe revolutionärer Vorgänge im Zuchthaus Ziegenhain 1918 in den Wassergraben der alten Festung geworden worden sein sollen. Die revolutionären Ereignisse wurden dem Verfasser in einem Schreiben der JVA Schwalmstadt bestätigt, nicht hingegen  das Hinauswerfen der Gießformen, von denen in späteren Jahren einzelne wiedergefunden wurden. (Am 14. 10. 1984 berichtete Frau Meyer-Rogge, Tochter des letzten Geschäftsinhabers, allerdings, ihr Vater habe wahrscheinlich selbst die Formen in den Graben geworfen (die Tochter war 1918 sieben Jahre alt)). Man mag die Aussage über das Schicksal des Formenbestandes mit Vorsicht behandeln,es läßt sich aber diese Tatsache nicht verhehlen: abgesehen von den Formen, die von Scheller an Weygang abgegeben wurden, sind mit einigen Ausnahmen - ein Zufall? - alle derzeit bekannten und vermutlich von Scheller stammenden Gießformen unvollständig, und also Neugüsse nur halbseitig möglich. Sie wurden zunächst im Museum der Schwalm aufbewahrt, befinden sich aber mittlerweile zum Teil im Kasseler Stadtmuseum. Die zugehörigen Gegenformen mögen noch heute im längst zugeschütteten Festungsgraben liegen ..."

Nachdem im Internet über die "revolutionären Vorgänge 1918" in Ziegenhain nicht zu finden ist, teilte mir auf Anfrage Frau Dr. Simone C. De Santiago Ramos, Leiterin Museum und Archiv der Schwalm am 15.09.2020 mit:
"Die Revolution in 1918/19 hielt sich in Ziegenhain in Grenzen, für einige Stunden war es einigen Gefangenen gelungen an Waffen zu kommen, bezw. zu fliehen. Entsprechende Aufzeichnungen sind im Kirchenbuch von Pfarrer Paulus vermerkt worden allerdings ohne konkrete Angaben über die Fa. Scheller.
Bei der noch andauernden Entmunitionierung wurden im vergangenen Jahr Gießformen gefunden, sie müssen aber erst vor ca. 30 Jahren im Wallgraben entsorgt worden sein, da sie in modernen Plastikbehältern gefunden wurden.
Ansonsten können wir keine Angaben über Schellerformen machen." 
   
   
 

Quellen:

Ich danke Herrn Prof. Dr. Holger Thomas Gräf von der Universität Marburg für seine Hinweise zu den auf dem Etikett abgebildeten Medaillen!

Amtlicher Bericht über die allgemeine Deutsche Gewerbe-Ausstellung zu Berlin im Jahre 1844 (Google books)

Amtliches Verzeichniß der aus den Staaten des Deutschen Bundes, dem Königreich Preußen und Großherzogthum Posen zur Gewerbe-Ausstellung in Berlin 1844 eingesandten Gegenstände (Google books)

Gewerbevereins-Blatt der Stadt Fürth Nro. 25 u. 26, 1844, Bericht über die Industrieausstellung zu Berlin, XIII. Spielwaaren (Google books) 

Amtlicher Bericht über die allgemeine Deutsche Gewerbe-Ausstellung zu Berlin im Jahre 1844, Zweiten Theiles erste und zweite Abtheilung, Berlin 1846

Neue Münchener Zeitung Nr. 105 vom 3. Mai 1854 (Google books)

Katalog der allgemeinen deutschen Industrie-Ausstellung zu München im Jahre 1854 (Google books)

Bericht der Beurtheilungs-Commission bei der allgemeinen deutschen Industrie-Ausstellung zu München 1854 - 10tes Heft (Google books)

Historisch-kritische Beschreibung aller bis jetzt bekannt gewordenen hessischen Münzen, Medaillen und Marken in genealogisch-chronologischer Folge von Jacob C. C. Hoffmeister, zweiter Band, 1857 (Google books)

Theodor Hampe: Der Zinnsoldat - ein deutsches Spielzeug, Verlag Herbert Stubenrauch, Berlin 1924

Die Zinnfigur 1961 - Friedrich Schirmer: Von alten und neuen Zinnfigurengießereien - Die Offizin Scheller in Kassel

Paul Ernst Rattelmüller: Zinnfiguren - Die Welt in der Spanschachtel, Süddeutscher Verlag München, 1971

Erwin Ortmann: Zinnfiguren einst und jetzt, Edition Leipzig 1973

Walter Onken: Zinnfiguren, Mosaik-Verlag München 1976

Curt F. Kollbrunner:Zinnfiguren - Zinnsoldaten - Zinngeschichte, Hirmer-Verlag München 1979

Hans H. Roer: Bleisoldaten, Callwey-Verlag München 1981

Dietmar Peter: Zinnfiguren aus Kassel - Die Geschichte der Offizin Scheller in Ulf Leinweber: Die kleine Figur - Geschichte in Masse und Zinn, Staatliche Kunstsammlungen Kassel, 1985

Heinz Schenzle: Sigel-Bestimmungsbuch, Freunde der Plassenburg e. V. Kulmbach, 1987

Hans Henning Roer: Alte deutsche Spielfiguren in Blei, Palagonia Verlag Rommersheim 1993

Hubert Kolling: Die Etablierung von "Kinder-Spiel-Waren-Fabriken" in den kurhessischen "Straf- und Besserungsanstalten" (1848 - 1884) in Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte, 45. Band, Marburg 1995 

Kassel-Lexikon Band 1 A-K, euregioverlag, Kassel 2009 

Stefan George und sein Kreis, De Gruyter 2016 online (Will Scheller)

Ahnenforschung.net.

Gedbas

Kassel - Die Stadtverwaltung im Internet - Chronik der Jahre 1800 - 1899 (Stand 14.8.2011)

Kirchliches Zinngerät - Sonderausstellungen im Neuen Museum im Alten Renthof in Wolfhagen, Schriften des Vereins Kreisheimatmuseum Wolfhagen, Reihe Forschungen, Band 1, Katalog zur Ausstellung kirchliches und bürgerliches Zinngerät im Altkreis Wolfhagen, Bearbeitung Dirk Bauer, o. D.

Adressbuch Cassel 1828 online (Fuldaer Digitale Sammlungen)

Adressbücher Kassel online (Universität Kassel)

Archion: Kirchenbücher Kassel Stadt - Altstädter Gemeinde, Freiheiter Gemeinde und Oberneustadt; Ziegenhain

ancestry: Heirat 19.5.1880 Friedrich Carl Wilhelm Scheller, Heirat 8.2.1890 Bernhard Friedrich Theodor Conrad Scheller, Heirat 13.4.1895 Anna Christine Elisabeth Scheller, Heirat 13.6.1908 und Tod 10.1.1949 Johann Wilhelm Karl Scheller, Tod 19.11.1919 Emma Emilie Katharina Scheller, geb. Eckhard

Ich danke Alfred R. Sulzer sehr herzlich für hilfreiche Hinweise!

   
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