Rieche, Gebrüder - Hannover Bericht in Die Zinnfigur 1929 |
|
"Rieche"-Figuren. - Hannover. Schon lange vermißten wir die Möglichkeit, über die Neuerscheinungen der Hannoveraner Offizin den Sammlern regelmäßig Mitteilung machen zu können. Erfreulicherweise hat die Firma jetzt diesem Mangel abgeholfen und wir sind nunmehr in der Lage, die Sammler auch über diese interessanten Neuheiten auf dem Laufenden zu halten. Die Sammler der Figuren in der Hannoveraner Größe sind im Bunde ja im allgemeinen noch nicht so zahlreich, wie die Sammler der 30 mm Größe. Andererseits hat aber die Entwicklung auf dem Gebiet der Zinnfigurenausstellung in dioramaartiger Form auch bereits viele Sammler, die bis dahin nur 30 mm große Figuren sammelten (Heinrichsen, Kiel usw.), veranlaßt, für den Vorder- und oft auch noch für den Mittelgrund eines Dioramas die größeren Figuren ebenfalls zu verwenden. Die größeren Figuren haben ferner einen ganz bedeutenden Vorteil vor den 30 mm Typen voraus, indem nämlich derjenige, der seine Figuren bis in alle Einzelheiten ganz genau und minutiös bemalen will, bei den größeren Typen infolge der größeren Malfläche eine viel leichter und besser ausführbare Möglichkeit zu solcher Kleinarbeit, wie bei den kleineren 30 mm Figuren findet. Andererseits bedingt die Größe der Hannoveranerfiguren (ebenso wie die zu den besten Schöpfungen Heinrichsens gehörigen gleich großen Flachfiguren der Firma Heinrichsen) bei dioramaartiger Aufstellung größere Maßstäbe in der landschaftlichen Umgebung im Modell usw., was gewisse Schwierigkeiten bereiten kann. In dem perspektivisch - nach dem Hintergrund zu - sich verkleinernden Dioramabild aber ist doch eine fast ideal zu nennende Lösung gefunden, indem im gleichen Diorama größere und kleinere Figuren gleichzeitig verwendet werden können. Für den Einzeltypensammler und den Spezialsammler der größeren Figuren ergibt sich die Verwendungsmöglichkeit ja von selbst. Leider hört man aber von den Spezialsammlern der größeren Flachfiguren noch viel zu wenig und es wäre recht wünschenswert, wenn gerade diese auch über den vorhandenen Figuren- und Formenschatz sich gelegentlich äußerten und die Sammlerwelt, die viele dieser Figuren zum Teil gar nicht kennt, damit mehr bekannt zu machen suchten. Die Teilnehmer an den Bundestagungen in Magdeburg und Halle hatten bereits Gelegenheit, Mustersendungen in größerer Anzahl zu sehen und - viele waren hocherstaunt und erfreut, so viele gute und hübsche Figuren unter diesen Serien größerer Typen zu finden. Von den hier vorliegenden Neuerscheinungen ist zunächst eine Serie von 20 Figuren "Römer zu Fuß", 4 römische Reiter, 4 germanische Reiter und 4 Germanen zu Fuß zu erwähnen. Größe der Figuren: Fußgänger 40 mm, Reiter 50 mm. Die Gravur ist gut und gibt erfreulicher Weise auch kleinere Details und feinere Durcharbeitung der Modelle wieder. Was die grundlegende Entwurfszeichnung der Figuren betrifft, so wäre es wünschenswert, daß, ebenso wie es in den letzten Jahren bei den Figuren der 30 mm Größe geschehen ist, auch bei diesen größeren Figuren alle Details der Ausrüstung, Bewaffnung und des Kostüms mit peinlichster historischer Treue nachgebildet werden, denn gerade bei diesen größeren Figuren ist es möglich, die ganz genaue Form der Waffen und einzelnen Ausrüstungsstücke bis ins kleinste so wiederzugeben, daß diese Figuren zu wirklichen Kostümmodellchen und Anschauungsmitteln werden können. Bei den meisten der hier vorliegenden Modelle ist ein Fehler, den manche ältere Figuren der Hannoveraner aufweisen, glücklich vermieden worden, nämlich eine nicht ganz richtige Proportionierung der menschlichen Gestalten und zwar etwas zu kurze Beine im Verhältnis zum Oberkörper. Die richtige Proportionierung der einzelnen Körperteile ist gerade bei diesen größeren Figuren eine Haupterfordernis, da jeder Fehler hier viel schärfer ins Auge fällt, wie bei den kleineren Typen. Die Figuren stellen dar: 5 Legionäre mit 1 Pilum und dem rechteckigen halbzylinderförmigen Schild (scutum) in verschiedenen gut und natürlich wirkenden Stellungen im "Halt", 2 weitere Legionäre sitzen am Boden, 2 Centurionen mit ovalen Schilden im "Halt", 2 Centurionen mit "Phalerae" (plastisch geschmückte Rundbleche von Edelmetall als Tapferkeitszeichen) auf der Brust, 2 Centurionen mit gezogenem Schwert, Mantel umgehängt, ferner die sehr gute Figur eines Feldherrn und 1 Liktor mit dem Rutenbündel, ein am Boden sitzender Centurio, 1 Manipelträger, 2 Tubabläser und 1 Hornbläser vervollständigen die hübsche Serie dieser Fußfiguren, die vielseitig verwendbar sind. (Lager usw.) Unter den Reitern ist eine in Zeichnung und Gravur sehr gut gelungene Portätfigur, Varus zu Pferd, bemerkenswert. Pferd und Reiter sind in moderner Weise gut gezeichnet und graviert. Bei dem römischen Reiter im Schritt erscheint das Pferd etwas klein zur Größe des Reiters. Ein abgesessener Reiter hält sein Pferd. Hier erscheint ein kleiner Proportionsfehler in der Zeichnung der Beine des Reiters, sowie am Hals und Kopf des Pferdes. Die germanischen Reiter zeigen als Porträtfigur Arminius den Cherusker, nach dem Hermannsdenkmal gestaltet. Die Figur ist gut. Auch die vier germanischen Reiter sind gut gelungen und bilden zusammen eine sehr hübsche Gruppe eines germanischen Spähertrupps auf Vorposten. Die germanischen Fußfiguren sind mit Ovalschilden, Speer und Schwert (dieses sehr kurz) bewaffnet, sind aber wohl doch etwas zu sehr als "Wilde", nur mit "Fellen" bekleidet. So primitiv sahen unsere Vorfahren historischer Zeit nicht mehr aus! Zeichnerisch wären diese Figuren noch verbesserungsfähig. In gleicher Größe hat die Firma fünf sehr gute und realistisch modern gezeichnete und gravierte Typen österreichischer Kürassiere im Galopp herausgebracht. 1 Standartenträger, 2 Mannschafts-, 1 Offiziertype, sowie 1 Trompeter auf sich hoch bäumenden Pferd (dabei blasend? Etwas schwieriges Kunststück in solcher Lage!) - Ferner in gleicher Größe eine Porträtfigur Friedrichs des Großen, die ebenfalls sehr gut gelungen ist. Außer diesen Figuren in normaler Hannoveraner-Figurengröße legte die Firma außerdem Figuren kleinerer Größe vor, die der Kieler Größe sich nähern: Reiter 45 mm. 3 Typen Kosaken im Halt, die tadellos sind, sowie 4 friderizianische Flügelmützen-Husaren im Halt, ferner 2 französische Infanteristen 1870/71 im Marsch und 2 Bayern zu Fuß 1870/71 (Offizier und Trompeter im Halt) mit 35 mm Größe. Ferner eine Reitertype mit 40 mm Größe. Diese letzteren Typen sind alle in Zeichnung und Gravur sehr gut. Ein französischer Infanterist trägt das Gewehr nicht ganz richtig, Kolbennase müßte nach oben zeigen. Ferner sind zwei Gespanne französischer Artillerie 1870/71 mit sich bäumenden und fallenden Pferden hergestellt, die vorzüglich sind. Alles in Allem ist in der Darstellung der Figuren der Firma ein sehr großer und guter Fortschritt hinsichtlich moderner Auffassung der Zeichnung und des Entwurfs festzustellen und es ist sehr zu wünschen, daß die Sammlerwelt auch diesen Figuren ihre erhöhte Aufmerksamkeit schenkt. Wünschenswert wäre noch, wenn die Firma Rieche die Figuren mit Nummern versehen und sie listenmäßig in dieser Weise führen würde, damit auch die Bestellung bestimmter einzelner Typen ermöglicht wäre." |
|
Zurück zur Firmengeschichte | |